01.4 Zukunftsfähigkeit von Organisationen: Die Rolle von Organisationsgestaltung

Zukunftsfähigkeit von Organisationen: Die Rolle von Organisationsgestaltung


Diese Aussage mag wie eine Binsenweisheit klingen und doch habe ich den Eindruck, dass viele Unternehmen handeln, als wäre das Gegenteil der Fall.

Der letzte Beitrag behandelte den Unterschied zwischen Organisationsgestaltung und Organisationsentwicklung und warum es ratsam ist beide Dimensionen gemeinsam zu betrachten.


Neue Programme, Tools, Regeln, Prozesse sollen die gesamte Organisation verbessern:

  • bessere Führung durch ein neues Leadership-Programm
  • mehr Effizienz durch digitale Lösungen
  • bessere Compliance durch straffere Regeln
  • mehr Engagement durch ein Kulturprojekt
  • bessere Skalierbarkeit durch detailliertere Prozesse


Was dabei übersehen wird: Diese Initiativen werden meist isoliert geplant und umgesetzt, wodurch das System verkompliziert wird.

Warum viele Organisationen in die Komplexitätsfalle tappen


Die Folge: steigende interne Komplexität. Und ab einem gewissen Punkt steigt sie nicht linear, sondern exponentiell.


Klarheit geht verloren. Verantwortung wird vermieden. Energie wird in Meetings investiert, um kurzzeitig Ordnung im Chaos zu schaffen.


All das muss von den Menschen, die im System arbeiten, durch Mehraufwand kompensiert werden. Frust, Resignation, Rückzug sind die Folgen.


Wenn die Organisation nicht bewusst gestaltet wird, entsteht ein Flickenteppich.

  • An Schnittstellen entstehen Missverständnisse und Konflikte.
  • Den Überblick über das Gesamtsystem zu behalten ist nur mit Mehraufwand möglich.
  • Gegenseitige Abhängigkeiten führen zu Schwerfälligkeit.
  • Menschen fühlen sich überfordert.
  • Klarheit in Bezug auf Prioritäten geht verloren.


Was fehlt, ist ein bewusster Blick auf das Gesamtsystem. Was fehlt ist ein ganzheitliches, durchdachtes Organisationsdesign.

Umgang mit Komplexität durch Vereinfachung


Unter dynamischen Rahmenbedingungen wird schnell der Ruf nach mehr Struktur, mehr Regeln oder mehr Kontrolle laut. Angst und Ungewissheit verleiten Menschen zu solchen Reaktionen, die biologisch bedingt sind.


Ein „mehr“ an Strukturen, Regeln und Kontrolle - gleichzusetzen mit mehr Bürokratie - verursacht Mehraufwand und Kosten, die keinen Mehrwert erbringen. Zentralisierung erhöht die Fragilität (Anfälligkeit gegenüber Veränderungen) der Organisation.


Führungskräfte werden durch operative Tätigkeiten überlastet, wodurch ihnen weniger Zeit für die Wahrnehmung ihrer Führungsaufgabe zur Verfügung steht. Mitarbeitende leisten „Dienst nach Vorschrift“, wodurch ihr Verantwortungsbewusstsein und Identifikation mit ihrer Tätigkeit sinkt, worunter - nicht nur - die Innovationsfähigkeit des Unternehmens leidet.

„Das Einzige, was schwerer ist, als etwas Neues zu beginnen, ist, etwas Altes zu beenden.“ Russell L. Ackoff

Im Zusammenhang mit dem Ansatz ganzheitlicher Organisationsgestaltung bedeutet „Vereinfachung der Organisation“, altes loszulassen, um Raum für Neues zu schaffen und nicht mehr zu gestalten, als unbedingt notwendig ist.

Prinzipien statt Regeln: Freiräume statt Kontrolle


Regeln sind in Organisationen allgegenwärtig. Oft mit der Absicht, Sicherheit und Klarheit zu schaffen.


In dynamischen Umfeldern und mit zunehmender Komplexität stoßen Regeln schnell an ihre Grenzen, weil sie linear gedacht und statisch konzipiert sind. Mehr Regeln bedeuten mehr Ausnahmen und Interpretationen, was zusätzliche Bürokratie und Unsicherheit erzeugt.


Prinzipien funktionieren anders.


Prinzipien geben Orientierung ohne Überregulierung. Prinzipien lassen sich vielseitig einsetzen und ermutigen Menschen dazu, im jeweiligen Kontext selbständig Entscheidungen zu treffen und Verantwortung zu übernehmen. Auf diese Weise stärken sie Eigenverantwortung


Ganzheitliche Organisationsgestaltung nutzt Prinzipien, um einen gemeinsamen Rahmen zu schaffen, der Komplexität nicht als Einschränkung sieht, sondern als natürliche Gegebenheit anerkennt und die Organisation darin unterstützt, konstruktiv damit umzugehen.


Prinzipien ermöglichen gemeinsame Ausrichtung (Kohärenz) ohne die Anpassungsfähigkeit der Organisation einzuschränken.

Zukunftsfähigkeit beginnt mit innerer Klarheit


Unternehmen wie W.L. Gore, Buurtzorg, Haier, Patagonia, Morning Star zeigen, dass zukunftsfähige, innovative Organisationsdesigns nicht durch das Kopieren vermeintlicher Best Practices entstehen. 


Sie entstehen von innen heraus. Dort, wo Menschen den Mut finden, ihre eigenen Strukturen und Denkweisen kritisch zu hinterfragen, um gemeinsam Neues zu gestalten.


Innere Klarheit ist eine treibende Kraft. Sie macht blinde Flecken und Muster sichtbar, gibt Orientierung, aus der Neues entstehen kann.


Organisationsgestaltung unterstützt diesen Prozess: Sie hilft, eine Architektur des Zusammenwirkens zu entwickeln, die von den Menschen verstanden, mitgetragen und gelebt wird.


Unternehmen, die diesen Weg gehen, beginnen ihre Reise im Inneren. 


Deshalb gelingt es ihnen, Organisationsdesigns zu entwickeln, die komplexitätsfähig sind, ohne unnötig kompliziert zu sein.

Effiziente Zusammenarbeit als Grundlage für nachhaltiges Wachstum


Wirtschaftliches, strukturelles und kulturelles Wachstum entsteht durch Verbindung.


Es geht um die Gestaltung einer Architektur des Zusammenwirkens zwischen Menschen und Organisation. Das führt zu effizienteren Prozessen, klar definierten Rollen, stärkeren Teams, mehr Eigenverantwortung und Freude an der täglichen Arbeit.

„Wenn wir ein Verbesserungssystem haben, das darauf ausgerichtet ist, die einzelnen Teile separat zu verbessern, kann man sich absolut sicher sein, dass die Leistung des Gesamtsystems nicht verbessert wird ... Die Leistung eines Systems hängt davon ab, wie die Teile zusammenpassen, nicht davon, wie sie einzeln funktionieren.“ Russell L. Ackoff

Verbindung bedeutet, dass das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile.


Durch Organisationsgestaltung entstehen Organisationen, die leistungsfähig, lernfähig, anpassungsfähig, komplexitätsfähig - und somit zukunftsfähig sind.

Fazit und Ausblick


Organisationen scheitern nicht nur aufgrund von Veränderungen am Markt - oft ist es ihre eigene interne Komplexität, die zum Scheitern führt. Zukunftsfähigkeit entsteht nicht zufällig, sondern ist das Ergebnis bewusster und durchdachter Entscheidungen. Ganzheitliche Organisationsgestaltung ist kein Trend, sondern ein notwendiger Paradigmenwechsel.


Wirksame Gestaltung beginnt im Inneren, mit Reflexion, mit Klarheit und mit dem Mut neue Wege zu gehen. 


Zukunftsfähige Organisationen finden die richtige Balance zwischen Hierarchie und Autonomie. Sie schaffen gemeinsame Ausrichtung und ermöglichen gleichzeitig Anpassungsfähigkeit. Sie bauen auf Menschen, die das große Ganze sehen und mitgestalten wollen.


Wenn Sie sich gerade fragen, wie zukunftsfähig Ihre Organisation ist, lohnt sich ein ehrlicher Blick nach innen. 


Ganzheitliche Organisationsgestaltung ist kein einmaliges Projekt, sondern ein Prozess, der mit einer Reflexion beginnt. Wenn Sie diesen Weg gehen möchten, unterstütze ich Sie gerne dabei. 


Lassen Sie uns ins Gespräch kommen.


Veränderung ist die neue Konstante. Im nächsten Artikel der ersten Blogreihe erfahren Sie, warum klassische Change-Modelle heute oft nicht mehr ausreichen und wie Puzzle-Transformation als adaptives Change-Modell Sie unterstützen kann.