01.1 Zukunftsfähigkeit durch Design: Die Funktionsweise von Organisationen neu denken

Zukunftsfähigkeit durch Design: Die Funktionsweise von Organisationen neu denken


Wie würden Unternehmen aussehen und funktionieren, wenn sie bewusst gestaltet wären?


Wahrscheinlich effizienter, anpassungsfähiger und menschenfreundlicher.


Die Realität sieht jedoch anders aus: Viele Unternehmen sind historisch gewachsen und sind nicht bewusst gestalet („designed“). Niemand weiß genau, wie sie funktionieren, aber sie tun es doch - irgendwie. Doch genau darin liegt das Problem.


Das Ergebnis: Schattenprozesse werden konzipiert, um das Unternehmen am Laufen zu halten. Zusammenarbeit gestaltet sich schwierig, weil jeder Bereich seine eigene Agenda verfolgt. Führungsleitlinien, Werte, Vision-, Mission- und Purpose-Statements existieren auf dem Papier und wir wissen, Papier ist geduldig.


Als CEO, Führungskraft, Fachkraft in den Bereichen People & Culture (HR) oder Organisationsentwicklung kennen Sie diese Herausforderungen wahrscheinlich gut.



Genau darum geht es in diesem Beitrag. Warum Organisationen nicht nur entwickelt, sondern bewusst gestaltet werden müssen.

Organisationen stehen vor grundlegenden Herausforderungen


Etablierte Studien wie der Gallup Engagement Index, Kienbaum’s HR-Strategie- & Organisationsstudie und Deloitte’s Human Capital Trends zeigen, dass mit unseren Unternehmen etwas nicht stimmt.


Und das, obwohl viel Zeit und Geld in ihre Entwicklung investiert wird.

5 grundlegende Ursachen von Organisationsproblemen


Woran liegt es? 

Aus meiner Erfahrung und im Austausch mit Kolleg:innen kristallisieren sich fünf Ursachen heraus:

  • Fehlendes Bewusstsein, wie Veränderung funktioniert.
  • Die Wirkung von Initiativen verblasst, weil sie nicht strukturell verankert werden.
  • Festhalten an Organisationsdesigns, die nicht mehr zeitgemäß sind oder nicht zur Organisation passen.
  • Fokus auf die Mitarbeitenden, statt auf das System.
  • Probleme werden isoliert betrachtet und gelöst, statt den Fokus auf das Gesamtsystem zu legen.


Zusammengefasst lässt sich sagen, dass organisatorische Probleme entstehen, wenn systemische Zusammenhänge übersehen werden und Veränderungsinitiativen nicht im Kontext des Gesamtsystems konzipiert werden. 


Was fehlt ist das grundlegende Bewusstsein, dass Organisationen gestaltbare, lebendige Systeme sind.

Organisationsgestaltung vs. Organisationsentwicklung: Was ist der Unterschied?


Ich habe auch meine Zeit benötigt, um den Unterschied zu verstehen. Falls Sie ihn (noch) nicht kennen, befinden Sie sich in bester Gesellschaft. Den Unterschied zu kennen, ist jedoch vorteilhaft.


Der Nachteil ist, dass es weder für Organisationsgestaltung, noch für Organisationsentwicklung eine allgemein anerkannte Definition gibt.


Der Vorteil ist, dass es Gemeinsamkeiten gibt, auf deren Grundlage ich meine Definition abgeleitet habe.

Was bedeutet Organisationsgestaltung?


Organisationsgestaltung ist ein systematischer Ansatz, der die bewusste, zukunftsorientierte Arbeit an den formellen und informellen Strukturen einer Organisation umfasst. Es geht um die Gestaltung einer Architektur des Zusammenwirkens.


Unternehmen, Fahrzeuge und Gebäude haben eines gemeinsam: Abhängig von ihrem Einsatzzweck und ihrer Funktion müssen sie unterschiedlich konzipiert und gestaltet werden. Die optimale Zusammenarbeit der jeweiligen Bauteile ist ausschlaggebend, ob sie ihre Funktion erfüllen können, oder nicht.


Ein Industrieunternehmen funktioniert anders als ein Software-Unternehmen.


Beide Unternehmensarten bestehen aus denselben Bauteilen, die sich ähneln, sich jedoch grundlegend voneinander unterscheiden. Abhängig wie sie gestaltet und miteinander in Verbindung gebracht werden, ergibt sich eine Architektur des Zusammenwirkens. Diese ist ausschlaggebend für die Funktionsweise der Organisation.


Organisationsgestaltung fokussiert sich auf die Architektur des Unternehmens, die sich wiederum auf das Verhalten von Menschen auswirkt.

Was bedeutet Organisationsentwicklung?


Organisationsentwicklung ist ein systematischer Ansatz, der die bewusste, verhaltenswissenschaftlich fundierte Arbeit an individuellen und organisatorischen Prozessen umfasst. Es geht um die Entwicklung von Effektivität im Zusammenwirken von Menschen und Organisation.


Menschen verhalten sich - abhängig von den Rahmenbedingungen, die sie vorfinden - anders; es ist kontextabhängig. Sie orientieren sich an den gewünschten Verhaltensweisen. 


Solange die Rahmenbedingungen, die Menschen vorfinden unverändert bleiben, wird sich ihr Verhalten nicht ändern und Veränderungsinitiativen bleiben wirkungslos.


Organisationsentwicklung fokussiert sich auf das Verhalten von Menschen in Organisationen.

Der Unterschied, der den Unterschied macht


Organisationsgestaltung hat ihre Wurzeln in der Managementlehre und fokussiert sich auf das System


Organisationsentwicklung hat ihre Wurzeln in der Psychologie und fokussiert sich auf das Verhalten von Menschen.


Als Merksatz habe ich mir folgende Metapher zurechtgelegt:Organisationsgestaltung ist verantwortlich für die Architektur des Gebäudes.Organisationsentwicklung füllt das Gebäude mit Leben.


Es sind die grundlegenden Fragen und Herausforderungen, die beide Ansätze voneinander unterscheiden.


Die Kombination beider Ansätze stellt sicher, dass Unternehmen sowohl klar strukturiert als auch anpassungsfähig, menschlich und somit zukunftsfähig bleiben. 



Im Grunde genommen handelt es sich um zwei Seiten derselben Medaille.

Viele Unternehmen sind strukturell unterentwickelt


Das ist keinesfalls böse gemeint, sondern eine Erkenntnis.


Die meisten Organisationen sind organisch gewachsen, haben sich weiterentwickelt, wurden aber nie bewusst gestaltet. 


Im Laufe der Zeit: 

  • haben sich ihre Bauteile verändert,
  • sind neue Bauteile hinzugekommen
  • und die Herausforderungen, mit denen Unternehmen heute konfrontiert sind, sind andere als vor einem Jahrzehnt.


Ohne einen bewussten Organisationsgestaltungs- und entwicklungsprozess kann diese Dynamik die Leistungsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit eines Unternehmens erheblich beeinträchtigen.


Wachstum führt zu Anpassungen ohne übergeordneten Plan und diese führen wiederum zu einem Konstrukt, das mehr einer Baustelle als einer gut durchdachten Organisation ähnelt.



  • Die Bauteile der Organisation arbeiten nicht optimal zusammen. Unklare Prioritäten und Grauzonen sind die Folge, die durch Mehraufwand der Mitarbeitenden kompensiert werden müssen.
  • Der Überblick geht durch die Vielzahl unterschiedlicher und nicht aufeinander abgestimmter Bauteile verloren. Dies führt zu Effizienzverlusten.
  • Zusätzliche Regeln und Prozesse werden eingeführt, aus Angst die Kontrolle zu verlieren. Diese führen zu ausufernder Bürokratie, die Mehrkosten verursacht, weil deren Einhaltung überwacht werden muss.


Viele Organisationen sind mit diesen Symptomen konfrontiert und sind Ausdruck von Gestaltungsproblemen.

Organisation gestalten heißt Zukunft gestalten


Unternehmen sind heute mit einer Vielzahl von Herausforderungen konfrontiert.


Um diese Herausforderungen effektiv anzugehen, müssen Organisationen anpassungsfähigklar strukturiert und lernfähig sein. Dies kann nur durch eine durchdachte, bewusste Gestaltung erreicht werden.


Ein zukunftsfähiges Organisationsdesign ermöglicht:

  • klare Entscheidungswege bei dezentraler Verantwortung
  • flexible und anpassungsfähige Strukturen
  • Klarheit in Bezug auf Aufgaben, Rollen und Zusammenarbeit
  • klar definierte Schnittstellen, die reibungslose Zusammenarbeit ermöglichen
  • Freiräume für Entwicklung und Innovation innerhalb eines definierten Rahmens



Organisationsgestaltung ist kein einmaliges Projekt, sondern ein kontinuierlicher Prozess, der damit beginnt, die Organisation als gestaltbares, dynamisches System wahrzunehmen und zu verstehen.

Fazit und Ausblick


Die Verbindung von Organisationsgestaltung und Organisationsentwicklung befähigt Unternehmen, gegenwärtige und zukünftige Herausforderungen wirkungsvoll zu meistern.


Organisationsgestaltung schafft die wirksame Architektur.Organisationsentwicklung ermöglicht die wirkungsvolle Zusammenarbeit.


Diese Sichtweise bildet die Grundlage meiner Philosophie ganzheitlicher Organisationsgestaltung.


Wir brauchen Organisationen, die echten Mehrwert schaffen. Orte, in denen Arbeit einfacher gelingt und die Räume für Begegnung und Zusammenarbeit bieten.


Wie würde Ihre Organisation aussehen und funktionieren, wenn Sie sie bewusst gestalten könnten?



Im nächsten Beitrag widme ich mich der Frage: Organisationsgestaltung - die am meisten unterschätzte Aufgabe von Führung?