Puzzle Transformation: Ein Betriebssystem für Change
Warum scheitern Veränderungsprojekte trotz sorgfältiger Planung? Liegt es an den Mitarbeitenden oder liegt die Ursache, wie Veränderungen konzipiert werden?
Wir Menschen sind Meister der Veränderung, aber im Unternehmenskontext sieht es oft anders aus. Projekte scheitern aus unterschiedlichen Gründen, die nichts oder nur teilweise mit den Menschen zu tun haben.
Im letzten Beitrag ging es um die Zukunftsfähigkeit von Organisationen und welche Rolle Organisationsgestaltung dabei spielt. Ein wichtiger Aspekt wurde darin nicht beleuchtet. Unternehmen müssen sich aufgrund von Veränderungen in ihrem Umfeld kontinuierlich anpassen, um langfristig relevant zu bleiben.
Während Veränderungen früher eher Ausnahmen waren, stehen sie heute aufgrund geopolitischer, sozialer und wirtschaftlicher Umbrüche an der Tagesordnung.
Change-Modelle geben Veränderungsprozessen Orientierung. Aufgrund ihrer Unterteilung in Phasen genügen klassische Change-Modelle nicht mehr den Anforderungen, die an sie gestellt werden.
Deshalb stelle ich hier ein alternatives, adaptives Modell vor, das ich Puzzle Transformation nenne. Es ist auf Anpassungsfähigkeit, Dezentralisierung und kontinuierlichem Lernen aufgebaut. Der Folgeartikel zeigt, wie
Puzzle Transformation im Change-Prozess funktioniert.
Warum brauchen wir Change-Modelle?
Im Grunde genommen überhaupt nicht, weil sie in erster Linie eine psychologische Funktion haben.
Veränderungen sind für Unternehmen und ihre Mitarbeitenden immer mit Ungewissheit verbunden. Unsere natürliche Neugier möchte verstehen, was vor sich geht und wenn dieses Wissen fehlt, führt dies zu Stress und Unsicherheit.
Change-Modelle sind eine Strategie mit dieser Ungewissheit umzugehen. Sie veranschaulichen was passiert und machen so den Prozess be-greifbar. Durch ihren logischen Aufbau in Phasen vermitteln sie ein Gefühl von Sicherheit und Orientierung.
Klassische Change-Modelle bilden Veränderung als linearen Prozess ab, der in der Realität nicht existiert.
Klassische Change-Modelle: Eine Illusion von Kontrolle
Was können wir Menschen direkt kontrollieren? Wenn wir uns ehrlich sind wenig.
Bei Veränderungsprozessen verhält es sich ähnlich. Menschen verfolgen ihre eigenen Strategien mit Veränderung umzugehen und benötigen hierfür unterschiedlich viel Zeit. Dieser Aspekt wird in klassischen Change-Modellen oft übersehen.
Egal, ob es sich um:
- Lewin’s 3-Stufen Modell,
- Kübler Ross’ 7 Stufen der Veränderung oder
- Kotter’s 8 Stufen Modell handelt, auf denen viele Veränderungsinitiativen aufbauen.
Diese Modelle vermitteln ein Bild, dass:
- Veränderung linear und in Phasen abläuft.
- Veränderung von oben verordnet wird und Mitarbeitende in erster Linie Empfänger der Veränderung sind.
- Projekte zentral geplant und rigoros umgesetzt werden müssen.
- Veränderung eine Ausnahmesituation darstellt, die zu einem bestimmten Zeitpunkt abgeschlossen ist.
- nur ein klarer, langfristiger Plan den erwünschten Erfolg bringt, ohne Raum für Reflexion oder Innovation.
Beim Durchlesen wird ihnen aufgefallen sein: Mit der Realität haben diese Annahmen wenig gemein.
Veränderung ist dynamisch
Veränderung ist kein Ausnahmezustand, sondern die neue Normalität.
Zukunftsfähige Organisationen haben dies erkannt und damit begonnen Anpassungsfähigkeit als Kernkompetenz anzusehen und systematisch aufzubauen.
Denn: Veränderung ist dynamisch und kontinuierlich.
Das bedeutet, dass wir beginnen müssen Veränderung neu zu denken:
- Veränderung findet gleichzeitig auf mehreren Ebenen statt, sowohl auf organisatorischer als auch auf menschlicher, individueller Ebene.
- Co-Kreation, um Mitarbeitende aktiv in den Prozess einbinden, wodurch sie zu Mitgestaltern werden.
- Umsetzung von Mikro Change Initiativen, die in ihrem Zusammenspiel das Gesamtbild ergeben.
- Kontinuierliches Lernen und Anpassung, um auf veränderte Anforderungen flexibel reagieren zu können.
- Dezentralisierung von Verantwortung, um schnelle und situationsgerechte Reaktionen zu ermöglichen.
- Integration von neurowissenschaftlichen Erkenntnissen, um menschliche Reaktionen auf Veränderungen besser zu verstehen.
- Schaffen von Freiräumen für Reflexion, um Menschen die Möglichkeit zu geben sich auszutauschen.
- Schaffen von Freiräumen für Innovation, um Herausforderungen kreativ zu bewältigen.
- Anwendung von Systemdenken, um Wechselwirkungen und Komplexität innerhalb der Organisation besser zu erfassen.
Für einen konstruktiven Umgang mit Veränderung ist ein grundlegendes Umdenken erforderlich, wie Veränderung funktioniert.
Ein einziges Change-Modell ist nicht in der Lage alle Anfoderungen abzubilden. Dessen bin ich mir bewusst.
Dennoch ist es für Unternehmen hilfreich mit einem Modell zu arbeiten, das den geänderten Anforderungen entspricht.
Puzzle Transformation: Ein adaptives Change-Modell für komplexe Systeme
Ich nenne das von mir konzipierte Change-Modell Puzzle Transformation.
Puzzle Transformation ist auf allen Ebenen der Organisation anwendbar und baut auf den Prinzipien des OODA-Loop’s (Observe, Orient, Decide, Act) von John Boyd auf.
Das Modell besteht aus einem Master-Regelkreis und einem oder mehreren Sub-Regelkreisen. Der Master-Regelkreis hat eine strategische Funktion und steuert den gesamten Prozess. In den Sub-Regelkreisen findet die operative Umsetzung, sowie die detaillierte Ausarbeitung der Projekte statt.
Im ersten Schritt - Bestimmung - werden die Ebene und die Einheit identifiziert, in denen Veränderung stattfinden soll. Dies kann entweder top-down oder bottom-up erfolgen.

Die fünf Phasen von Puzzle Transformation
Beide Regelkreise bestehen aus folgenden fünf Phasen:
- Vision - Zukunftsbild entwickeln: Entwicklung eines klaren Zukunftsbilds, das als Orientierungspunkt dient.
- Realität - Ausgangssituation verstehen: Verstehen an welchem Punkt sich die Organisation aktuell befindet. Zwischen Vision (Ziel) und Realität entsteht ein kreatives Spannungsfeld.
- Planung - Maßnahmen ableiten: Maßnahmen werden abgeleitet, durch die der Soll-Zustand erreicht und das kreative Spannungsfeld überwunden werden soll.
Dieser Schritt stellt die Schnittstelle zwischen Master- und Sub-Regelkreis dar.
4. Umsetzung - Maßnahmen umsetzen: Maßnahmen werden in Form von Projekten schrittweise umgesetzt, um das System nicht zu überfordern. Es ist vergleichbar mit dem Zusammensetzen von Puzzleteilen, aus denen sich das Gesamtbild ergibt.
Das ist der Grund, warum ich das Modell Puzzle Transformation nenne, das eher ein Betriebssystem für Veränderung ist.
5. Veränderung - Antwort des Systems: Beobachtung, ob die Maßnahmen die gewünschte Veränderung herbeigeführt haben.
Veränderung wirkt sich auf die Vision (das Zielbild) aus, wodurch sich der Kreis schließt und von neuem beginnt.
Es ist zu beachten, dass unter systemischen Gesichtspunkten Veränderungen entweder sofort (unmittelbarer Erfolg), mit Verzögerung (verzögerter Erfolg) oder gar nicht (Misserfolg) eintreten können.
Bei Verzögerungen ist es ratsam, dass Unternehmen nicht sofort in den Panikmodus zu wechseln, sondern das System beobachten.
Lernen und Anpassung durch Feedback Loops
Feedback Loops sorgen dafür, dass die richtigen Informationen im richtigen Ausmaß an die richtigen Stellen fließen.
In Puzzle Transformation sind drei „verbaut“. Feedbacks aus den Teams (Sub-Regelkreise) fließen in das Gesamtbild zurück, wodurch Veränderung zu einem iterativen, anpassungsfähigen Prozess wird. Der Master-Regelkreis (strategisch) hat die Aufgabe den Prozess zu steuern. Die Sub-Regelkreise (operativ) haben die Aufgabe Projekte detailliert auszuarbeiten und umzusetzen.
Durch die Feedback Loops werden beide Regelkreise miteinander verbunden und agieren als Einheit.
Fazit und Ausblick
Veränderung ist zur neuen Normalität geworden. Unternehmen erkennen dies und bauen Anpassungsfähigkeit als Kernkompetenz auf und verankern sie in ihrer Unternehmens-DNA. Puzzle Transformation bietet hierfür ein Betriebssystem, das durch die integrierten Feedback-Loops anpassungsfähig, lernfähig und komplexitätsfähig ist.
Sie möchten die vorgestellten Themen für Ihre Organisation vertiefen?
Ich begleite Sie gerne auf Ihrem Weg. Vereinbaren Sie ein individuelles Erstgespräch, um Ihre Fragen und Anliegen zu besprechen.
Neugierig, wie
Puzzle Transformation in der Praxis funktioniert? In der nächsten Blogreihe erhalten Sie die Antwort auf diese Frage.